FOLTER ÜBERLEBT

Die Hölle am Roten Meer

Plötzlich landet sie im Gefängnis – in Ägypten. Wird mit Handschellen an Eisengitter gekettet. Warum und wie sie das überlebte, erzählt Elli Fleckner-Rochalla in ihrem neuen Buch.
05. September 2017, 07:00 Uhr
So entspannt am Schreibtisch kann Elli Fleckner Rochalle erst sitzen, seit sie durch ihr Buch und die Malerei ihre traumatischen Erfahrungen verarbeitet hat. 	(Foto: cor)
So entspannt am Schreibtisch kann Elli Fleckner Rochalle erst sitzen, seit sie durch ihr Buch und die Malerei ihre traumatischen Erfahrungen verarbeitet hat. (Foto: cor)
 

Als Elli Fleckner Rochalla im Jahr 2000 das erste Mal nach Ägypten fliegt, ist sie von dem Land begeistert. Immer wieder zieht es die frühere Journalistin ans Rote Meer. Mit 51 Jahren entschließt sie sich schließlich im Jahr 2005, in ihr Traumland auszuwandern und am Roten Meer zu leben und zu arbeiten. Was sie dann erlebt hat, schildert sich in ihrem Buch »Rochallas weiße Schuhe – Ein Leben auf Messers Schneide«. Unschuldig landet Elli Fleckner Rochalla im Gefängnis, wird gefoltert und lernt die dunkle unbekannte Seite des faszinierenden Landes kennen. Dem Trauma der Folter im Gefängnis Hurghada folgen schließlich harte Zeiten der Genesung.

 

Zehn Jahre lang dauert es, bis sie ihr Trauma verarbeitet. Ihren Weg beschreibt sie in ihrer Biografie über ein Leben zwischen Journalismus, Folter und Schicksalsschlägen.

Eigentlich stand Elli Fleckner Rochalla auf festem Boden – mitten in Leben. Geboren in Essen-Stoppenberg zog es sie im Alter von 18 Jahren nach Frankfurt. Beruflich hatte sie sich hier gleich in verschiedenen Bereichen etabliert, als Diplom-Soziologin, Schriftstellerin und Autorin, gearbeitet hat sie u.a. für den Hessischen Rundfunk. Ihre journalistische Tätigkeit wollte sie schließlich auch in Ägypten fortsetzen, was ihr anfangs auch geglückt sei. »Ich arbeitete dort bei einem H20-Magazin, korrigierte und schrieb Artikel für ein Tauchermagazin«, erinnert sich Fleckner Rochalla. »Ich war fasziniert von der orientalischen Gesellschaft.« Das habe sich schließlich Anfang Mai 2006 geändert.

»Mir wurden meine EC Karte und mein Handy gestohlen, direkt am Monatsanfang.« Fleckner Rochalla konnte ihre Miete nicht zahlen, wurde prompt auf die Straße gesetzt. »Kein Essen, kein Trinken und kein Schlafplatz«, beschreibt sie die folgenden fünf Wochen. Ihre Freunde seien nicht in der Stadt gewesen. Hilfe habe sie auf Basaren erhalten. »Dort haben mich die Leute mit Wasser und Essen versorgt.« An einem Tag sei sie plötzlich von drei uniformierten Militärpolizisten aufgegriffen und ins Gefängnis gesteckt worden.

»Eine 16 Quadratmeter große Zelle, darin befanden sich zwei Frauen und ein neunjähriges Kind.« Ein Bett habe es dort nicht gegeben. »Ich musste auf dem Betonboden schlafen.« Niemand habe ihr erklärt, warum sie eingesperrt wurde. Fleckner Rochalla vermutet, dass ihre journalistische Tätigkeit als Frau der Grund war, werde dies dort nicht von allen Menschen gern gesehen. Zur Unwissenheit und den schlechten örtlichen Bedingungen folgten schließlich Erfahrungen, die sie nicht vergessen werde. »Ich wurde gefoltert, mit Handschellen fest an ein Eisengitter gefesselt.« Diese habe man so hoch ans Gitter gebunden, so dass sie kaum stehen konnte, zwei Bücher unter den Füßen hätten ihr Halt gegeben. Auch Fußfesseln seien ihr angelegt worden. In der vom Gitter getrennten Nachbarzelle hätten mehr als 20 junge Männer in Haft gesessen. »Weil sie keine Arbeit hatten, mussten sie Hurghada wieder verlassen.« Fleckner Rochalla habe gebeten, dass einer von ihnen ihren Anwalt informieren möge. Nach drei langen Tagen sei der Konsul der Botschaft erschienen. Wortlos sei die Deutsche wieder auf freiem Fuß gesetzt worden. »Ich erhielt keinerlei Erklärungen, und auch keine Dokumente.« Als Fleckner Rochalla wieder Zugriff zu ihrem Konto hatte, habe sie die erste Gelegenheit ergriffen und sei nach Deutschland zurückgekehrt. Hier habe sie sich direkt in einer Psychiatrie behandeln lassen. Während sie sechs Woche stationär in der Friedberg Klinik blieb, kümmerten sie Freunde um eine neue Bleibe. »Nach der Klinik habe ich mich direkt hingesetzt und angefangen zu schreiben.« Ein Heilungsprozess- der ganze zehn Jahre lang dauern sollte.

Mittlerweile hat Elli Fleckner Rochalla schon mehrfach aus ihrem Buch vorgelesen. Ihr Trauma verarbeite sie auch beim Malen. Sie biete Kreatives Malen und Schreiben an, habe wieder Fuß gefasst. Der Orient, das Morgenland – ihre frühere Leidenschaft für Ägypten ist in ihrem Bildern aber stets erkennbar. Die Leinwand sei das Medium, ihre Liebe zur Leuchtkraft der ägyptischen Sonne lebendig zu erhalten.

 

»Rochallas weiße Schuhe. Ein Leben auf Messers Schneide« von Elli Fleckner Rochalla, ist im Buchhandel und online erhältlich: ISBN: 978-3-7345-8110-6.


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